Eigenschaften: Die Bezeichnung NSAR beruht darauf, dass diese Wirkstoffe wie einige Nebennierenrindenhormone (Glukokortikosteroide, → 20.1), die zu den Steroiden gehören, antiphlogistisch (= entzündungshemmend) wirken, aber strukturell keine Ähnlichkeiten mit Steroiden aufweisen. Oft wird auch die gleichbedeutende englische Abkürzung NSAID verwendet (Nonsteroidal Anti-Inflammatory Drugs).

Prostaglandine sind Gewebshormone, die u. a. an Entzündungen, Fieber und an der Reizung von Nozizeptoren (→ 10.1.1) beteiligt sind. Das Enzym Zyklooxygenase (COX) hat eine Schlüsselfunktion für die Synthese der Prostaglandine. Von der Zyklooxygenase werden zwei Formen unterschieden: COX-1 und COX-2. Die meisten NSAR hemmen beide Formen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Daneben gibt es NSAR, die selektiv die COX-2 hemmen (Coxibe, siehe unten).

Die allen NSAR gemeinsame Hemmung der COX erklärt, warum die Wirkstoffe dieser Gruppe nicht nur antiphlogistisch, sondern auch antipyretisch (= fiebersenkend) und analgetisch (= schmerzlindernd) wirken. Ferner wird verständlich, warum alle NSAR – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – prinzipiell die gleichen Nebenwirkungen hervorrufen können.

NSAR werden in 5 Gruppen unterteilt:

  • Acetylsalicylsäure (= ASS)
  • Essigsäurederivate: Indometacin, Acemetacin und Diclofenac
  • Propionsäurederivate: Ibuprofen, Dexibuprofen, Flurbiprofen, Ketoprofen, Dexketoprofen, Naproxen und Tiaprofensäure
  • Oxicame: Piroxicam, Meloxicam und Lornoxicam
  • Coxibe (selektive COX-2-Hemmer): Celecoxib, Etoricoxib und Parecoxib (letzteres nur postoperativ i. v.)

Indikationen: Symptomatische Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber. Dazu gehören akute Arthritis (einschließlich Gichtanfall), chronische Arthritis (insbesondere bei rheumatoider Arthritis), Morbus Bechterew, Reizzustände bei Arthrosen, entzündliche weichteilrheumatische Erkrankungen, schmerzhafte Schwellungen und Entzündungen nach Verletzungen und Operationen, Tumorschmerzen (insbesondere bei Knochenmetastasen) und Migränekopfschmerzen.

Beachte

Nicht alle NSAR sind für alle Indikationen zugelassen.

Hinweis zu ASS

ASS wird sowohl zur Hemmung der Thrombozytenaggregation (11.3.3.1) als auch gegen Schmerzen, Fieber und Entzündungen eingesetzt. Zur Hemmung der Thrombozytenfunktion liegt die Dosis bei etwa 100 mg/Tag, für die anderen Wirkungen sind dagegen Tagesdosen von bis zu 3 Gramm (= 3000 mg) erforderlich.

Nebenwirkungen: Prostaglandine verringern u. a. die Sekretion von Magensäure, schützen die Magenschleimhautzellen, fördern die Ausscheidung von Natrium und Wasser in den Nieren und verstärken die Plättchenaggregation. Die Hemmung der Prostaglandinsynthese hat die gegenteiligen Effekte: erhöhte Neigung zu Magen-Darm-Geschwüren, verringerte Ausscheidung von Natrium und Wasser (Ödeme) sowie herabgesetzte Thrombozytenaggregation (mit der Folge einer erhöhten Blutungsneigung). Weitere mögliche Nebenwirkungen sind akute Niereninsuffizienz, allergische Reaktionen, Juckreiz und Hautausschlag.

Das Risiko von Magen-Darm-Ulzera besteht auch, wenn NSAR nicht oral angewendet werden (z. B. i. m.). Bei älteren Patienten bzw. bei bekannter Ulkusneigung werden NSAR zum Magenschutz häufig mit einem Protonenpumpenhemmer (Gruppe von Wirkstoffen, deren Name auf „prazol“ endet, 17.2.2.1) kombiniert.

Hinweis zu Coxiben

Die erwünschten Wirkungen der NSAR beruhen hauptsächlich auf der Hemmung der COX-2, während für die meisten Nebenwirkungen die Hemmung der COX-1 verantwortlich ist. Da Coxibe die COX-1 kaum hemmen, rufen sie weniger Magen-Darm-Komplikationen, fast keine Hemmung der Thrombozytenaggregation und seltener Asthmaanfälle hervor. Doch auch die Coxibe sind nicht frei von Nebenwirkungen. Dazu gehört u. a. ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.

Kontraindikationen: Zu beachten sind insbesondere: Magen-Darm-Geschwüre (auch in der Vorgeschichte), früheres Auslösen einer allergischen Reaktion oder eines Asthmaanfalls durch die jeweilige Substanz (insbesondere ASS), Blutungsneigung, letztes Drittel der Schwangerschaft, schwere Leber-, Nieren- und Herzinsuffizienz, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn). ASS darf bei Jugendlichen (unter 12 Jahren) mit fieberhaften Infekten nicht gegeben werden, weil die Gefahr eines tödlich verlaufenden Reye-Syndroms besteht.

Wechselwirkungen: NSAR erhöhen das Blutungsrisiko unter Antikoagulanzien, schwächen die blutdrucksenkende Wirkung von ACE-Hemmern, Betablockern und AT₁-Blockern ab, mindern den Effekt von Diuretika und steigern die Blutzuckersenkung durch orale Antidiabetika. Bei Kombination von NSAR mit Glukokortikosteroiden ist das Risiko von Magen-Darm-Ulzera stark erhöht, bei gleichzeitiger Einnahme von Ciclosporin und/oder Tacrolimus steigt die Gefahr von Nierenschäden. Ferner können NSAR die Ausscheidung von Methotrexat (→ 10.8) verlangsamen und so dessen Toxizität steigern.