Akuter Schmerz ist keine Erkrankung, sondern ein Symptom mit lebenswichtiger Warnfunktion. Er tritt u. a. auf, wenn ein mechanischer (z. B. Druck durch einen spitzen Gegenstand), thermischer (z. B. durch eine heiße Herdplatte), chemischer (z. B. durch ätzende Stoffe) oder elektrischer (z. B. durch Kontakt mit einem Weidezaun) Reiz eine bestimmte Schwelle überschreitet und das Gewebe schädigt. Aus dem verletzten Gewebe werden Schmerzmediatoren (= Schmerzvermittler) freigesetzt. Diese Botenstoffe erregen Nozizeptoren (= Rezeptoren für Gewebeschäden) und lösen dort einen Schmerzimpuls aus, der über das Rückenmark ins Gehirn weitergeleitet wird.

Neben dem Nozizeptorschmerz gibt es den neuropathischen und den zentralen Schmerz. Neuropathischer Schmerz tritt auf, wenn Nervenfasern verletzt oder gereizt werden. Zentraler Schmerz hat seinen Ursprung im Rückenmark oder im Gehirn.

Analogskalen zur Schmerzbeurteilung
Abbildung 10.1.1.1 Visuelle (oben) und numerische (unten) Analogskala zur Einstufen der Schmerzstärke von 1 bis 10.

Die Schmerzwahrnehmung ist individuell unterschiedlich. Mit Hilfsmitteln lässt sich die empfundene Schmerzintensität messen. Gebräuchlich sind visuelle und numerische Analogskalen, auf denen die Patienten die Schmerzstärke von 1 bis 10 bewerten (Abb. 10.1.1.1). Ferner lässt sich die empfundene Schmerzstärke anhand von Gesichtern (Abb. 10.1.1.2) erfassen. Gesichterskalen sind auch für Kinder geeignet. Wichtig: Nicht der Untersucher beurteilt das Gesicht des Patienten, sondern der Patient markiert das Gesicht, das seiner Empfindung entspricht.

Gesichter zur Schmerzbeurteilung
Abbildung 10.1.1.2: Charakterisierung der Schmerzstärke anhand von Gesichtern.
Wichtig

Werden Nozizeptoren und die weiterleitenden Zellen im Rückenmark wiederholt gereizt, sinkt ihre Erregungsschwelle, d. h. sie werden sensibilisiert. Im weiteren Verlauf kann sich ein Schmerzgedächtnis herausbilden. Die Schmerzen bestehen dann fort, wenn ihre Ursache längst beseitigt ist. Eine wirksame analgetische Behandlung ist wichtig, um die Sensibilisierung und die Entwicklung des Schmerzgedächtnisses zu verhindern.