In Deutschland wird traditionell vorwiegend Phenprocoumon verwendet, in den USA Warfarin. Die nachfolgende Beschreibung konzentriert sich auf Phenprocoumon.

Eigenschaften: Da die Wirkung der VKAs darauf beruht, dass sie die Synthese von Gerinnungsfaktoren hemmen, macht sich die Gerinnungshemmung erst nach 1 bis 3 Tagen bemerkbar, nach dem die im Blut noch vorhandenen Gerinnungsfaktoren verbraucht sind.

Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden VKAs ist die Eliminationshalbwertszeit. Sie beträgt für Warfarin 40 Stunden, für Phenprocoumon 150 Stunden.

Dosierung/Therapiekontrolle: Die Dosierung muss immer individuell festgelegt werden. Die Erhaltungsdosis liegt zwischen 1,5 und 6 mg Phenprocoumon/Tag. Um schnell wirksame Plasmaspiegel zu erreichen, gibt man am ersten Tag 6 bis 9 mg (2 bis 3 Tabletten zu je 3 mg), am zweiten Tag 6 mg. Am dritten Tag muss die Gerinnung kontrolliert werden. Als Maß dafür hat sich die International Normalized Ratio (INR) durchgesetzt. Ein Wert von 1 bedeutet normale Gerinnung. Je höher der INR-Wert ist, desto länger dauert die Gerinnung. Für die meisten Indikationen wird ein INR-Wert zwischen 2,0 und 3,0 angestrebt, bei mechanischen Herzklappen bis 3,5. Bei stabil eingestellten Patienten genügt eine INR-Kontrolle alle 3 bis 4 Wochen. Wird eine Begleitmedikation mit Einfluss auf die Wirkung von Phenprocoumon (siehe Wechselwirkungen) begonnen, geändert oder beendet, muss der INR-Wert häufiger kontrolliert werden, bis er wieder stabil im Zielbereich liegt.

Nebenwirkungen: Erwartungsgemäß ist unter Phenprocoumon das Risiko für Blutungen, darunter auch lebensbedrohliche, erhöht. Gelegentlich treten Exanthem, Urtikaria, Juckreiz und diffuser Haarausfall (reversibel) auf. In Einzelfällen kommt es zu schweren Hautnekrosen.

Kontraindikationen: Verletzungen des Gefäßsystems wie Aneurysmen, frische Wunden oder Operationen, Retinopathie, dauerhaft hoher Blutdruck über 200/105 mmHg, Magen-Darm-Geschwüre, kavernöse Lungentuberkulose. Ferner in Schwangerschaft und Stillzeit.

Wechselwirkungen: VKAs haben zahlreiche Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln und anderen Medikamenten. Da jede Verstärkung der Wirkung das Blutungsrisiko erhöht und umgekehrt jede Abschwächung den Schutz vor Thromboembolien verringert, müssen Wechselwirkungen sorgfältig beachtet werden.

Vitamin-K-reiche Nahrungsmittel wie verschiedene Kohlarten, Schnittlauch, Brunnenkresse oder Salat schwächen die Wirkung von VKAs ab, sodass höhere Dosen erforderlich sind. Kritisch wird dies aber nur bei abrupter Ernährungsumstellung, etwa im Urlaub, weil dann die Dosis von Phenprocoumon neu eingestellt werden muss.

Durch Hemmen oder Induzieren der CYP-Enzyme (→ 6.1.4), die VKAs abbauen, können andere Arzneimittel die Wirkung von VKAs beeinflussen. Verstärkt wird die Wirkung von VKAs u. a. durch Amiodaron, Allopurinol, Cimetidin, Phenylbutazon, hohe Dosen von ASS, einige Antibiotika wie Metronidazol, Cephalosporine, Fluconazol, Voriconazol, Schilddrüsenhormone, Fluvastatin und Fibrate. Zur Abschwächung kommt es u. a. durch Phenytoin, Carbamazepin, Rifampicin, Griseofulvin, Östrogene und Johanniskraut.

Besonderheiten: Unter Behandlung mit VKAs sind intramuskuläre Injektionen streng kontraindiziert, weil die Gefahr gefährlicher Einblutungen ins Gewebe besteht.

Antidot: Die Wirkung von VKAs lässt sich durch Gabe von Vitamin K aufheben. Da die Gerinnungsfaktoren aber erst neu synthetisiert werden müssen, tritt der Effekt frühestens nach 6 bis 12 Stunden ein. Im Notfall müssen daher Gerinnungsfaktoren oder Bluttransfusionen gegeben werden.

Bridging: Vor größeren operativen Eingriffen müssen VKAs rechtzeitig abgesetzt werden. Die Thromboseprophylaxe erfolgt bei Patienten mit hohem Thromboembolierisiko vorübergehend parenteral mit Heparinen.