Stoßtherapie (Pulstherapie)

Unter Kortisonstoßtherapie (auch als Pulstherapie bezeichnet) versteht man eine hochdosierte Gabe über einen kurzen Zeitraum. Was dabei als „hochdosiert“ und „kurzer Zeitraum“ gilt, hängt von der behandelten Erkrankung ab.

2 Beispiele:

  • Im akuten Schub der Multiplen Sklerose (MS) sind 3- bis 5-tägige Stoßtherapien mit täglich 1000 mg Methylprednisolon (entsprechend 800 mg Prednisolon-Äquivalent) gebräuchlich.
  • Bei Exazerbation einer COPD (12.3.2.4) bekommen die Patienten über 5 bis maximal 14 Tage etwa 40 bis 50 mg Prednisolon pro Tag.

Ein Schema zur Stoßtherapie kann auch mit einer hohen Dosis anfangen und diese nach wenigen Tagen verringern, z. B. 3 Tage 40 mg Prednisolon, dann weitere 3 Tage 20 mg und danach absetzen.

Ausschleichen

Einige Medikamente dürfen nach mehrwöchiger Anwendung nicht abrupt abgesetzt werden. Das langsame Verringern der Dosis bezeichnet man als Ausschleichen (←).

Ein Grund für das Ausschleichen aus einer Behandlung ist das Risiko eines Rebounds (←)nachplötzlichem Beenden. Rebound bedeutet, dass eine Verschlimmerung eintritt, die über den Schweregrad vor der Behandlung hinausgeht. Beispiele: Wird ein Betablocker nach mehrmonatiger Einnahme schlagartig abgesetzt, kann der Blutdruck sehr stark steigen und höher sein als vor Behandlungsbeginn. Nach mehrwöchiger entzündungshemmender systemischer Behandlung mit einem Glukokortikosteroid kann nach unvermitteltem Absetzen die Entzündungsreaktion heftig aufflammen.

Im Fall der Glukokortikoide gibt es einen weiteren Grund, der das schlagartige Beenden einer längeren hochdosierten Therapie verbietet. Die körpereigene Produktion von Cortisol wird über einen Regelkreis gesteuert, der ähnlich dem Thermostaten einer Heizung funktioniert. Liegt der Cortisolspiegel unter dem Sollwert, gibt der Hypothalamus ein Hormon ab, das in der Hypophyse die Bildung von ACTH(Adrenocorticotropes Hormon, auch Corticotropin genannt) anregt. ATCH gelangt auf dem Blutweg zur Nebennierenrinde und regt dort die Produktion von Cortisol an. Der gesamte Regelkreis wird auch als Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse bezeichnet.

Hat das Cortisol seinen Sollwert erreicht, verringert der Hypothalamus die Stimulation der Hypophyse und die Bildung von ACTH geht zurück. Damit entfällt auch die Anregung der Nebennierenrinde, sodass weniger Cortisol produziert wird. Diese Schwelle wird während einer Therapie mit etwa 7,5 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag erreicht.

Unter hochdosierter Therapie mit einem Glukokortidoid liegt der Spiegel anhaltend über dem physiologischen Wert. Wird die Nebennierenrinde über Wochen nicht mehr stimuliert, atrophiert sie, d. h. sie wird sehr klein. Setzt man das Glukokortikoid abrupt ab, benötigt die Nebennierenrinde mehrere Wochen, bis sie wieder voll funktionsfähig ist. In dieser Zeit besteht eine lebensgefährliche Insuffizienz der Nebennierenrinde.

Das Ausschleichen aus einer hochdosierten Glukokortikoidtherapie kann mehrere Wochen dauern. Es gibt dafür unterschiedliche Vorgehensweisen, je nach Grunderkrankung, Behandlungsdauer und Dosis.