Medikamente, die die Zellteilung blockieren (= Zytostatika), dämpfen auch Immunreaktionen, denn Abwehrzellen teilen sich schnell. Zur Immunsuppression werden vor allem Cyclophosphamid, Azathioprin, Methotrexat (MTX), Mycophenolatmofetil/Mycophenolsäure und Pirfenidon angewendet. Die Dosis ist in dieser Indikation im Allgemeinen niedriger als in der Tumortherapie.

Zytostatika beeinflussen nicht nur Lymphozyten, sondern alle Blutzellen oder deren Vorläufer. Das Blutbild muss daher regelmäßig kontrolliert werden. Ferner werden unter Behandlung mit manchen Zytostatika vermehrt Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen beobachtet.

Kontraindikation: Zytostatika dürfen nicht in Schwangerschaft (nur bei lebensentscheidender Indikation) und Stillzeit angewendet werden.

Cyclophosphamid

Cyclophosphamid bewirkt eine Quervernetzung von DNA-Molekülen und verhindert dadurch die Verdoppelung der Erbsubstanz einer Zelle bei der Teilung.

Ein Abbauprodukt von Cyclophosphamid schädigt die Schleimhaut der Blase und kann eine blutige Zystitis sowie Blasenkarzinome auslösen. Um diese Gefahr zu verringern, kann zusätzlich Mesna eingenommen werden. Es bindet das gefährliche Abbauprodukt und macht es weitgehend unschädlich. Mesna kann u. a. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Benommenheit, Schläfrigkeit (Teilnahme am Straßenverkehr eingeschränkt), Durchfall, grippeähnliche Symptome und schwere allergische Hautreaktionen hervorrufen. Regelmäßige Kontrollen der Blasenschleimhaut sind auch bei Einnahme von Mesna nötig.

Alkohol kann die Wirkung von niedrig dosiertem Cyclophosphamid abschwächen und zugleich Übelkeit und Erbrechen verstärken, die das Zytostatikum hervorruft.

Azathioprin

Während Cyclophosphamid DNA-Moleküle verändert (siehe oben), hemmt Azathioprin die Synthese von DNA- und RNA-Bausteinen und behindert auf diese Weise die Zellteilung. Azathioprin wird bei einer ganzen Reihe von Autoimmunerkrankungen eingesetzt und hilft, Glukokortikosteroide einzusparen.

Methotrexat (MTX)

MTX wirkt als Antagonist zu Folsäure. Das Vitamin Folsäure wird für die Synthese von DNA- und RNA-Bausteinen benötigt. MTX behindert daher auf ähnlich Weise wie Azathioprin die Zellteilung. Es wird hauptsächlich bei rheumatoider Arthritis (→ 10.8) und schwerer Psoriasis angewendet. Um die Nebenwirkungen zu verringern, gibt man einen Tag nach MTX 5 bis 10 mg Folsäure.

Mycophenolat

Dieser Wirkstoff greift wie die beiden zuvor beschriebenen Stoffe in die Synthese von Bausteinen ein, die für die Bildung von DNA und damit zur Zellteilung benötigt werden. Mycophenolat wird in Kombination mit Ciclosporin und Glukokortikosteroiden zur Vorbeugung der Transplantatabstoßung eingesetzt. Nebenwirkungen betreffen nicht nur die Blutbildung, sondern es können auch Ödeme, Fieber und Bluthochdruck auftreten.

Pirfenidon

Pirfenidon hemmt u. a. die Vermehrung von Fibroblasten und damit die überschießende Bildung von Bindegewebe. Es wird bei leichter bis mittelschwerer idiopathischer Lungenfibrose (IPF) angewendet. Nicht gegeben werden darf Pirfenidon bei schwerer und sehr schwerer Leberfunktionsstörung sowie bei schwerer Nierenfunktionsstörung und unter Dialyse. Die Leberenzyme sollten regelmäßig kontrolliert werden. Vorsicht ist geboten bei Kombination mit Medikamenten, die in der Leber das Enzym CYP1A2 hemmen (vor allem Fluvoxamin sowie u. a. Enoxacin und Ciprofloxacin) oder dessen Bildung stimulieren (z. B. Omeprazol). Außerdem sollte nicht geraucht werde, weil Rauchen ebenfalls die Synthese von CYP1A2 anregt und damit die Wirkung von Pirfenidon abschwächt.

Allgemeine Verhaltensregeln bei immunsuppressiver Therapie

Alle Immunsuppressiva schwächen nicht nur die ungewollte Abstoßung eines transplantierten Organs oder eine gegen körpereigenes Gewebe gerichtete Autoimmunreaktion, sondern auch die lebensnotwendige Abwehr gegen Keime (Viren, Bakterien, Pilze) und entartete Zellen.

Für Transplantatempfänger gelten u. a. folgende Ratschläge:

  • Auf Grapefruit verzichten (hemmt den Abbau einiger Immunsuppressiva).
  • Strenge Hygiene in der Küche (Kühlkette für Lebensmittel einhalten, Fisch und Fleisch, insbesondere Geflügel, gut durchbraten, Vorsicht mit Speisen aus rohen Eiern wie Tiramisu und Majonäsen, Nüsse und Mandeln meiden).
  • Gründliche Körperhygiene (täglich duschen, nicht baden), Hände nach Toilettenbesuch und vor dem Essen waschen.
  • Gute Zahnhygiene, aber vorsichtig putzen, um das Zahnfleisch so wenig wie möglich zu verletzen (Gefahr des Eindringens von Keimen über kleine Verletzungen).
  • Zahnärzte auf die Einnahme von Immunsuppressiva hinweisen, damit gegebenenfalls bei Eingriffen wie Wurzelbehandlung, Zahnziehen oder Parodontoseprophylaxe ein Antibiotikum gegeben werden kann.
  • Übermäßige Sonnenbestrahlung vermeiden (wegen des erhöhten Risikos für Hauttumoren) und die Haut regelmäßig auf verdächtige Veränderungen untersuchen lassen.
  • Verzicht aufs Rauchen.
  • Alle Medikamente mit dem Arzt besprechen, auch freiverkäufliche (Risiko gefährlicher Wechselwirkungen mit den Immunsuppressiva, z. B. Johanniskraut).
  • Ausreichend Sport und Bewegung.
  • Vorsicht mit Haustieren (z. B. Toxoplasmoserisiko durch Katzen).
  • Zimmerpflanzen möglichst in Hydrokultur halten, vor allem im Schlafzimmer keine Topfpflanzen.
  • Toilette und Bad sauber halten.
  • Bei Arbeiten mit Verletzungsgefahr für die Hände (insbesondere im Garten) stabile Schutzhandschuhe tragen.