Diese Gruppe von Medikamenten wirkt beruhigend (lat. tranquillus = ruhig) und angstlösend (anxiolytisch). Sie werden daher auch als Anxiolytika bezeichnet. Darüber hinaus werden einige dieser Substanzen zur Muskelrelaxation (Muskelentspannung) und bei epileptischen Anfällen genutzt. Einige Wirkstoffe sind ferner zur vorübergehenden (!) Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen zugelassen (→ 14.4.1).

Die größte Gruppe unter den Tranquilizern sind die Benzodiazepine. Die meisten leiten sich von Diazepam („Valium“) ab. Sie haben ein sehr ähnliches Wirkprofil, unterscheiden sich aber in der Wirkstärke und besonders deutlich in der Verweildauer im Körper. Die Eliminationshalbwertszeiten reichen von etwa 2 Stunden bis 50 Stunden und mehr. Wichtig: Im höheren Alter werden manche Benzodiazepine erheblich langsamer ausgeschieden (→ 14.5).

Zu den Benzodiazepinen gehören außer Diazepam: Alprazolam, Bromazepam, Brotizolam, Chlordiazepoxid, Clobazam, Clonazepam, Dikaliumclorazepat, Flunitrazepam, Flurazepam, Lorazepam, Lormetazepam, Midazolam, Nitrazepam, Oxazepam, Prazepam, Temazepam und Triazolam.

Weiter Tranquilizer sind: Buspiron,Clomethiazol und Hydroxyzin. Hydroxyzin wird wegen seiner Antihistaminwirkung gegen Juckreiz bei Urtikaria und Ekzemen angewendet, Clomethiazol nur stationär im Prädelir, Delirium tremens und bei akuten Entzugssymptomen.

Eigenschaften: Benzodiazepine greifen spezifisch am GABA-System ein und verstärken die Aktivität der zugehörigen Neuronen. Da die auf GABA reagierenden Neuronen vorwiegend hemmende Funktionen haben, wirken Benzodiazepine u. a. beruhigend auf das vegetative Nervensystem. An den GABA-Neuronen wurden Bindungsstellen nachgewiesen, die für Benzodiazepine spezifisch sind (sog. Benzodiazepinrezeptor).

Nebenwirkungen/Kontraindikationen: Besonders zu Beginn sind Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, motorische Ungeschicklichkeit und Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit häufig. Bei älteren Patienten können aber auch paradoxe Erregungszustände auftreten. Außerdem erhöhen die durch Benzodiazepine verursachten Koordinationsstörungen und die Muskelentspannung das Risiko von Stürzen mit der Gefahr eines Schenkenhalsbruchs. Vorsicht ist bei chronischer Ateminsuffizienz geboten, weil Benzodiazepine eine Atemdepression hervorrufen können. Zu den Kontraindikationen gehören Myasthenia gravis, schwere Atemstörungen, Schlafapnoe-Syndrom und schwere Leberfunktionsstörungen sowie Schwangerschaft (Anwendung nur in besonderen Fällen) und Stillzeit.

Wechselwirkungen: U. a. Alkohol, Schmerzmittel, Neuroleptika, Antidepressiva, Blutdrucksenker und Betablocker können die zentral dämpfenden Wirkungen von Tranquilizern verstärken. Cimetidin, Protonenpumpenhemmer, hormonelle Verhütungsmittel (Pille) und Makrolidantibiotika wie Erythromycin können die Wirkung von Benzodiazepinen verstärken.

Besonderheiten: Benzodiazepine führen bei mehrwöchiger Anwendung zur Toleranz, d. h. die Wirkung lässt nach. Außerdem kommt es zu körperlicher und psychischer Abhängigkeit. Es gilt daher die allgemeine Empfehlung, Benzodiazepine nicht länger als 4 Wochen anzuwenden. Auch schon nach 1 Woche Anwendungsdauer kann ein abruptes Absetzen Entzugssymptome hervorrufen – daher Dosis schrittweise reduzieren.

Die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen kann vor allem in den ersten Tagen der Behandlung eingeschränkt sein, insbesondere wenn gleichzeitig Alkohol getrunken wird.

Bei Überdosierung kann die Atemdepression durch den Benzodiazepinantagonisten Flumenazil rasch aufgehoben werden.