Übelkeit und Erbrechen treten meistens gemeinsam auf. Sie können verschiedene Ursachen haben, u. a. Infektionen (z. B. mit Noroviren), Erkrankungen von Magen, Gallenblase oder Bauchspeicheldrüse, Urämie, Vergiftungen sowie Strahlen- und Chemotherapie. Weitere Formen sind Schwangerschaftserbrechen und die Reisekrankheit. Auch bei Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans mit Schwindel (z. B. Morbus Menière) treten Übelkeit und Erbrechen auf.

Kurz dauerndes Erbrechen hat meistens keine ernsten Folgen. Wiederholtes Erbrechen kann jedoch zum Verlust von Wasser- und Elektrolyten führen. Aufgrund des Verlusts an Magensäure steigt der pH-Wert im Blut, d. h. es kann zu einer Alkalose kommen.

Gesteuert wird der Brechreflex im Gehirn. Die meisten Antiemetika dämpfen das Brechzentrum, indem sie die am Erbrechen beteiligten Neurotransmitter (→ 14) Histamin, Serotonin, Dopamin oder Acetylcholin hemmen.

Antihistaminika

Betahistin ist bei Schwindel durch Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans indiziert. Es kann auch in der Schwangerschaft und Stillzeit gegeben werden, wenn es unbedingt erforderlich ist.

Dimenhydrinat wird zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen angewendet, insbesondere bei Reisekrankheit. Es darf u. a. nicht bei Engwinkelglaukom und Prostatahyperplasie mit Restharnbildung genommen werden. In der Schwangerschaft nur anwenden, wenn unbedingt erforderlich, aber nicht im letzten Drittel sowie nicht in der Stillzeit. Dimenhydrinat macht müde und mindert die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr. U.a. können auch Mundtrockenheit und Tachykardie auftreten.

Kalziumantagonisten

Dimenhydrinat liegt auch in Kombination mit dem Kalziumantagonisten Cinnarizin zur Behandlung von Schwindel verschiedener Ursache und Reisekrankheit vor.

Flunarizin wird zur Behandlung von Schwindelals Folge von Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans (z. B. Morbus Menière) angewendet. Es darf nicht angewendet werden bei Morbus Parkinson sowie früher aufgetretenen extrapyramidalmotorischen Bewegungsstörungen und aus der Vorgeschichte bekannten depressiven Symptomen.

Serotoninantagonisten (Setrone)

Übelkeit und Erbrechen unter Chemotherapie und Bestrahlung sind für die Patienten extrem belastend. Man unterscheidet akutes Erbrechen (innerhalb von 24 Stunden nach Behandlung), verzögertes Erbrechen (frühestens 24 Stunden nach Behandlung) und antizipatorisches (vorweggenommenes) Erbrechen. Letzteres beruht auf früheren Erfahrung mit Chemo- oder Strahlentherapie und setzt schon vor der erneuten Behandlung ein.

Die Wirkstoffe Granisetron und Ondansetron (als Tabletten und parenteral)sind zur Vorbeugung und Behandlung von akutem und verzögertem Erbrechen unter Strahlen- und Chemotherapie zugelassen. Palonosetron ist nur parenteral anwendbar und wird ausschließlich zur Vorbeugungen von Erbrechen bei Chemotherapie eingesetzt.

Patienten mit Hinweisen auf eine mögliche Einengung des Darms (subakute Obstruktion) müssen nach der Anwendung überwacht werden. Vorsicht bei vorbestehenden Rhythmusstörungen und Chemotherapien, die das Herz schädigen können.

Neurokin-1-Antagonisten

Aprepitant wird ähnlich wie die zuvor genannten Serotoninantagonisten zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unter Chemotherapie angewendet.

Fosaprepitant wirkt ähnlich, ist aber nur parenteral anwendbar.

Dexamethason

Dieses Glukokortikosteroid (→ 20.1) wird ergänzend zu den beiden vorgenannten Wirkstoffgruppen zur Vorbeugung und Behandlung von Erbrechen unter Chemotherapie verwendet.

Neuroleptika (→ 14.2)

Die Neuroleptika Haloperidol, Perphenazin und Promethazin sind Reservesubstanzen, wenn andere Medikamente nicht möglich oder nicht ausreichend wirksam sind.

Sulpirid ist gegen Schwindelzustände zugelassen, die vom Gleichgewichtsorgan ausgehen (z. B. Morbus Menière).

Prokinetika

Unter Prokinetika versteht man Wirkstoffe, die die Beweglichkeit des Magen-Darm-Trakts verbessern. Die beiden Vertreter dieser Gruppe sind Metoclopramid und Domperidon. Gegen funktionelle Störungen der Darmtätigkeit (→ 17.4) dürfen sie nicht mehr angewendet werden.

Metoclopramid ist nur zur Vorbeugung von Übelkeit und Erbrechen zugelassen, die nach Chemotherapie verzögert auftreten. Ferner wird es zur Vorbeugung von Übelkeit und Erbrechen unter Strahlentherapie eingesetzt. Eine weitere Indikation ist die akute Migräne, um die Aufnahme von Schmerzmitteln zu beschleunigen. Generell ist die Dauer der Anwendung auf 5 Tage beschränkt.

Kontraindikationen sind u. a. alle Erkrankungen, bei denen eine Anregung der Magen-Darm-Beweglichkeit ein Risiko ist (Blutungen, mechanisches Passagehindernis, Perforation), ferner bei Phäochromozytom, Epilepsie, Morbus Parkinson, in Kombination mit Levodopa oder Dopaminagonisten. Obwohl Metoclopramid dafür nicht angezeigt ist (Off-Label-Use ), bezeichnet das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie (www.embryotox.de) den Wirkstoff als Mittel der Wahl zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft, vor allem im zweiten Drittel.

Domperidon ist allgemein zur Besserung der Symptome bei Übelkeit und Erbrechen zugelassen. Die Anwendung sollte nicht länger als eine Woche dauern. Wie Metoclopramid darf es nicht bei Erkrankungen angewendet werden, bei denen eine Anregung der Magen-Darm-Beweglichkeit ein Risiko ist (Blutungen, mechanisches Passagehindernis, Perforation). Weitere Kontraindikationen sind ein Prolaktin produzierender Tumor der Hypophase, Long-QT-Syndrom und die Kombination mit Medikamenten, die ebenfalls die QT-Zeit verlängern.