Man schätzt, dass etwa 3–6 % aller stationär auf einer internistischen Abteilung aufgenommenen Patienten wegen einer Nebenwirkung eingeliefert wurden. Da die Rate von Nebenwirkungen mit dem Alter der Patienten steigt, sollte hier besonders kritisch auf unerwünschte Effekte geachtet werden. Dies gilt vor allem, wenn mehrere Medikamente verordnet werden (= Polypharmazie, Multimedikation). Für jedes weitere Medikament sollte die Indikation daher kritisch geprüft werden.

Zu den folgenschwersten Nebenwirkungen zählen teratogene Wirkungen, d. h. Schäden am ungeborenen Kind im Mutterleib. Zahlreiche Medikamente dürfen daher in der Schwangerschaft (durchgehend oder in bestimmten Phasen) keinesfalls verabreicht werden (siehe im Internet unter www.embryotox.de). Sehr viele Medikamente dürfen auch in der Stillzeit nicht eingenommen werden, weil sie in die Muttermilch übergehen. Ist die Behandlung unumgänglich, muss in den meisten Fällen abgestillt werden.

Es gibt eine Reihe von Nebenwirkungen, die bei fast allen Patienten auftreten oder besonders gefährlich sind. Ein Beispiel für eine Nebenwirkung, die nur selten ausbleibt, ist Verstopfung unter starken Opioiden. Man spricht daher von einer obligaten (zwangsläufigen) Nebenwirkung. Leitlinien zur Schmerztherapie empfehlen, mit Beginn der Anwendung eines stark wirksamen Opioids ein geeignetes Abführmittel zu verordnen und nicht erst zu warten, bis die Verstopfung eingetreten ist. Glukokortikosteroide (→ 20.1) und einige nichtsteroidale Antirheumatika (→ 10.4.1) können vor allem bei älteren Menschen schwere Magen-Darm-Blutungen auslösen. Daher werden hier zum Schutz der Magenschleimhaut sehr häufig Protonenpumpenhemmer (→ 17.2.2.1) verordnet.

Das Wichtigste für die Praxis
  • Ob Risiken und Nebenwirkungen eines Medikaments in Kauf genommen werden sollen, können die Patienten nur dann vernünftig entscheiden, wenn sie über den möglichen Nutzen der Anwendung und die Risiken (Nutzen-Risiko-Verhältnis) genau Bescheid wissen. Dies erfordert eine gründliche Aufklärung der Patienten.
  • Nebenwirkungen sind insbesondere im Alter sowie bei Schwangeren/Stillenden sorgfältig zu beachten.
  • Manche Nebenwirkungen, die bei fast allen Patienten auftreten, müssen von vorneherein behandelt werden (Beispiel: Verstopfung unter stark wirksamen Opioiden).