Die Bindung an Eiweiße in Plasma und Gewebsflüssigkeit (→ 2.1.3) hat wesentlichen Einfluss auf die Wirkung eines Arzneimittels. Vor allem Stoffe, die stark an Plasmaeiweiße gebunden sind, können sich bei gemeinsamer Anwendung gegenseitig aus der Eiweißbindung verdrängen (Abb. 6.1.3.1). Da nur der Anteil des nicht an Eiweiße gebundenen Arzneimittels wirksam ist, verstärkt sich die Wirkung durch Verdrängen aus der Eiweißbindung unter Umständen erheblich.

Bindung an Plasmaeiweiße
Abbildung 6.1.3.1: Verstärkung der Wirkung von Arzneimitteln durch gegenseitige Verdrängung aus der Bindung an Plasmaeiweiße.

Eines der wichtigsten und gefährlichsten Beispiele ist die Wechselwirkung zwischen einigen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, → 10.4.1) und Blutgerinnungshemmern vom Typ der Vitamin-K-Antagonisten (→ 11.4.1). Ist ein Patient stabil auf Phenprocoumon („Marcumar“, „Falithrom“) eingestellt und bekommt z. B. wegen einer akuten Verschlimmerung seiner Arthrose für ein paar Wochen ein solches NSAR verordnet, kann das ohne Anpassung der Dosis des Gerinnungshemmers zu lebensbedrohlichen Blutungskomplikationen führen. Der Grund: Das NSAR verdrängt Phenprocoumon aus der Bindung an Plasmaeiweiße und verstärkt dadurch dessen Wirkung. Die Folge: Die Gerinnung wird stärker gehemmt.

Verhindern lässt sich das, indem die Dosis des Gerinnungshemmers nach Ansetzen des NSAR unter Kontrolle des Gerinnungswerts (INR, → 11.4.1) verringert wird. Wird das NSAR nach einiger Zeit abgesetzt, muss die Dosis von Phenprocoumon unter Gerinnungskontrolle wieder erhöht werden.